Ja, ich mag Social Media. Nirgendwo sonst findet man so viele verschiedene, unterhaltsame, geltungsbedürftige, überhebliche, künstliche, interessante und bemerkenswerte Menschen auf einem Haufen wie hier. Es geht schon morgens los. Wunderschöne Menschen in wunderschönen Wohnungen räkeln sich lässig vor ihrem Spiegel für das OOTD (für alle Unwissenden, das Outfit Oft The Day), um danach eine ayurvedische Chia-Samen-Braunhirse-Hafermilch-Bowl (natürlich vorher fotografisch für die Nachwelt festgehalten) zu verzehren. Fitness-Moms, die nach dem 3. Kind immer noch so straff sind wie ich zuletzt mit 20 Jahren, erzählen mir, wie einfach es sei, sein Six-Pack zu trainieren, während man nebenher die Kinder bespaßt und ein 5-Gänge Menü kocht. Herrlich.

Und auch, wenn ich mir sicher bin, dass ich in diesem Leben nicht mehr so aussehen und vermutlich auch keine 5-Gänge Menüs kochen werde, ziehe ich mir diesen Unsinn rein. Warum? Weil ich gerade schon mal hier bin.
Wir verbringen eine Menge Zeit mit dem Leben anderer Menschen
Ich nehme mindestens einmal am Tag das Handy in die Hand und scrolle mich durch irgendeinen Social Media Feed. Meistens ist es Instagram, was unter anderem damit zusammenhängt, dass wir dort (natürlich) ein single_meets_mom Profil haben. Und wenn ich dann schon mal da bin, sehe ich mir Stories, Bilder und Videos von Menschen an, von denen ich 90% nicht persönlich kenne.
Menschen, die Schuhe in die Luft werfen, lustige Tänzchen, tiefgründige Poesie, Beziehungsdramen. Es wird alles geboten, was das Auge des Voyeurs erfreut. Es ist ein Spaß hinter die Kulissen fremder, mitunter berühmter Menschen zu sehen. Das Leben der Anderen sozusagen. Ob ich das alles ernst nehme, was mir hier auf dem medialen Silbertablett präsentiert wird? Natürlich. Nicht.
Ich weiß, dass 22jährige, bis zur Unkenntlichkeit geschminkte Mädels mit makellosen Körpern und mehr Designertaschen im Schrank als ich Unterhosen besitze, nichts mit dem „normalen Leben“ zu tun haben. Auch nicht, wenn sie schon direkt nach dem Aufstehen absolut perfekt aussehen. Denn auch dann liegen mindestens so viele Filter auf ihrem geposteten Bild wie Tüten in eine Melitta Packung passen. Das sollte jedem klar denkendem Menschen doch bewusst sein, oder? Dass das, was mir hier gezeigt wird, meist nicht mehr als ein Schauspiel in mehreren Akten, respektive Stories, ist. Säuberlich gescriptete Realität, in der ich nur ausgewählte Ausschnitte zu sehen bekomme.

So sehr ich oft darüber lache, so sehr triggert mich das, was ich sehe, auch häufig. Jetzt nicht unbedingt auf dem Beauty-Sektor, aber bei vielen anderen Themen, die ich tagtäglich online konsumiere. Warum ist das so?
Wie kommt es zum Social Media Burnout
Schon so oft habe ich von Freunden gehört, dass die digitale Welt mit all ihren Netzwerken sie furchtbar herunterzieht. Dass sie eine „Social-Media“ Pause brauchen. Abstand zu all diesem inszenierten Glück. Und auch, wenn ich selbst an diesem Punkt noch nicht war, so interessiert es mich doch, was es ist, das uns in den sozialen Medien so angreifbar und beeinflussbar macht? Und wir doch gleichzeitig bereit sind, viel Zeit zwischen Herzen und Daumen zu verbringen und es manchmal schwer fällt, das Handy aus der Hand zu legen. Denn das merke ich tatsächlich an mir selbst.

Ist das Leben der anderen wirklich so viel spannender als unser eigenes, dass wir bereit sind, unsere Zeit dafür zu opfern? Ich glaube, dass viele, die auf den Social Media Plattformen unterwegs sind, selbst nach Bestätigung und ein wenig Anerkennung suchen. Warum sonst sollte man ein Bild, einen Beitrag oder ein Video posten, sei es nun öffentlich oder nur für seine Freunde. Und dabei ist es egal, welchen Kanal man hierfür wählt. Selbst ein WhatsApp Status ist in irgendeiner Form ein Statement, auf das man sich eine Reaktion erhofft. Und sei es nur, dass er gesehen wird.
Ich nehme mich davon nicht aus. Natürlich freue ich mich, wenn ich Resonanz auf einen meiner Artikel bekomme, oder wenn eines meiner Bilder gesehen wird und gefällt. Und auch ich habe mich schon über, in meinen Augen, dumme oder unpassende Kommentare geärgert. Aber das gehört eben dazu, wenn man den Schritt geht, seine Inhalte für jeden zugänglich zu machen. Opinions are like assholes. Everybody’s got one.
Wichtig ist doch, dass man sein wahres ICH nicht mit seinem Social Media Charakter verwechselt. Denn egal wie authentisch man zu sein versucht, irgendwas ist immer fake. Auch ohne Filter. Wer keinen Wert auf Äußerlichkeiten legt, will eloquent, unterhaltend oder etwas anderes sein. Aber niemand steht gewollt in der Öffentlichkeit, ohne eine Reaktion darauf zu erwarten.

Und genau damit muss man umgehen können. Bleibt die Reaktion aus, in welcher Form auch immer, kann sich schnell ein schlechtes Gefühl einstellen. Wenn man sich dann zusätzlich in einer Social Media Blase bewegt, in der die Welt nur aus rosa Puderzucker besteht und bei allen anderen so viel einfacher und schöner erscheint, dann ist der große Frust vorprogrammiert.
Vielleicht hilft es, öfter mal über den Fashion-Fitness-Food Tellerrand hinweg zu schauen, hinüber zu den „normalen“ Menschen, die mit den gleichen Problemen hadern wie wir selbst. Auch wenn es keiner gerne zugibt. Schon gar nicht online.
Wie viel Zeit verbringst du auf Social Media Plattformen und was triggert dich dort?
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