Muttertag – bald ist es wieder soweit. Immer am 2. Sonntag im Mai zelebrieren wir diesen Feiertag und ich muss zugeben, meine Gefühle zu diesem besonderen Kalenderdatum sind durchaus ambivalent.
Als ich nach der Geburt meiner Tochter auf den Muttertag zusteuerte, den ersten, an dem ich selbst Mama war, machte mich das schon ziemlich stolz. Jahrelang hatte ich der eigenen Mutter gehuldigt, jetzt durfte ich endlich selbst im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stehen. Und obwohl man ja bereits als Kind seiner Mutter seit Jahren weiß, wie der Hase an diesem Sonntag läuft, erhofft man für sich selbst doch irgendwie beim ersten Mal mindestens Fanfaren und Beifall.
Was soll ich sagen, es gab Blumen. Und Kuchen. Nicht, dass ich undankbar wäre. Ich liebe Blumen und Kuchen. Aber kann man sich das nicht auch an jedem anderen Tag schenken. Braucht es dafür etwa einen speziellen Feiertag? Einen Tag, an dem man sich erinnert, dass man eine Mutter hat, beziehungsweise eine ist. Diese ganzen, in Zellophan verpackten Blumensträuße aus dem Supermarkt und die Schokopralinen, die man noch schnell irgendwo an der Tanke besorgt hat, weil einem eingefallen ist, dass am Muttertagssontag ja alles zu ist?

Alles liebe zum Muttertag, wehe du freust dich nicht
Oder tue ich den Kindern da Unrecht? Die mit leuchtenden Augen selbstgebastelte Herzchenkarten und selbstgepflückte Gänseblümchensträuße überreichen. Oder zusammen mit den Vätern in stundenlanger Arbeit Fotobücher mit den schönsten Schnappschüssen der letzten fünf Jahre zusammengestellt haben? Sollten wir Mütter das nicht honorieren und dankbar sein, dass jemand an uns gedacht hat?
Die Frage ist doch eigentlich, was wollen Mütter wirklich? Eine knifflige Frage, ich weiß. Vielleicht wird die Sache deutlicher, wenn wir uns einmal das männliche Pendent, den Vatertag genauer ansehen. Irgendwann Ende des 19. Jahrhunderts kamen Brauereiunternehmen aus wirtschaftlichen Interessen auf die findige Idee, diesen Tag ins Leben zu rufen. Seit jeher erfreut sich der Vatertag großer Beliebtheit und wird von Männern dazu genutzt, biertrinkend und bollerwagenziehend durch die Gegend zu laufen, um mal einen ganzen Tag unter Männern zu verbringen. Liebe Männer bitte verzeiht mir, wenn ich euch an dieser Stelle alle über einen Kamm respektive Bollerwagen ziehe.

Im Gegensatz hierzu sitzen die Mütter zum Muttertag am festlich gedeckten Kaffeetisch, freuen sich tapfer über das hundertundeinste selbstgemalte Bild und überlegen, wie sie das rosa Shirt mit dem Glitzeraufdruck „Mama ist die Beste“ beim nächsten Waschgang unauffällig verschwinden lassen können. Mal ehrlich, wer soll sowas tragen? Und warum? Damit die Kinder nicht vergessen, das Mutti den Laden schmeißt? Oder soll es gar dazu dienen die Mütter selbst daran zu erinnern wie toll sie sind? Sie könnten es ja zwischen dem Abwasch und dem Einkaufen vergessen haben. Ob ich übertreibe? Natürlich, aber hey Mamas, you know what I mean!
Wer hat uns das alles eigentlich eingebrockt?
Vielleicht sollten wir hier einen kleinen Abstecher in die Geschichte des Muttertags machen. Ich fasse kurz zusammen:
Die Begründerin des heutigen Muttertages ist die Methodistin Anna Marie Jarvis. Ihre Mutter war zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkrieges sehr engagiert und gründete mit Müttern von Soldaten aus beiden Krieglagern den „Mütterfreundschaftstag“. Zeitlebens kämpfte sie für die Annerkennung eines „Muttertages“, der auf Parzifismus und Sozialdienst basierte. Nach dem Tod Mutter führte Anna Marie diese Arbeit weiter und iniitiere 1907 zum zweiten Todestag ihrer Mutter den Memorial Mothers Day Meeting.
Auf ihr Drängen hin wurde im Folgejahr, an einem zweiten Maisonntag, allen Müttern eine Andacht in der Methodistenkirche gewidmet. Jarvis machte es sich nun hauptberuflich zum Ziel, einen offiziellen Muttertag zu schaffen und schrieb hierfür Briefe an Politiker, Geschäftsleute, Geistliche und Frauenbewegungen. Ich kürze an dieser Stelle ab, die Idee kam gut an und die Bewegung wuchs schnell.
1914 wurde der Muttertag offizieller Feiertag in den Vereinigten Staaten, mit Flagge hissen und allem Drum und Dran. Doch gleichzeitig stieg auch die Kommerzialisierung des Muttertags, was die Begründerin Anna Marie Jarvis dazu brachte, sich von der Bewegung abzuwenden. Sie lehnte die Instrumentalisierung des Muttertages strikt ab und bereute sehr, diesen Feiertag ins Leben gerufen zu haben. Bis an ihr Lebensende kämpfte sie erfolglos für dessen Abschaffung.
Ein Satz mit X…
Salopp gesagt, der Schuss ging also nach hinten los. Die Idee, einen Tag zu schaffen, in dem es um das Gedenken an Mütter ging, die Großes geleistet haben, wurde von kommerziellen Interessen übermalt. Und traurigerweise sind wir heute an sehr vielen Stellen noch immer am selben Punkt der Geschichte. Geht es am Muttertag wirklich noch darum, die eigene Mutter zu „ehren“, zu sagen: „Hey, du machst einen großartigen Job und heute gedenke ich all der Tage, die du wegen mir geweint hast, verzweifelt warst oder dich wie Bolle mit mir gefreut hast?
Oder ist der Muttertag nicht eher ein Event geworden, zu dem man eben etwas schenkt, weil es ja „DER MUTTERTAG“ ist und die eigene Mutter eingeschnappt sein könnte, wenn man nicht mindestens mit einem Blumenstrauß und der Schachtel Pralinen vor der Tür steht? Ist uns nicht der Spirit des Ganzen längst verloren gegangen?
Ich würde lügen, wenn ich sage, ich freue mich nicht auch, wenn meine Familie mich am Muttertag ausschlafen lässt, das Frühstück hübsch herrichtet und schöne Blumen auf dem Tisch stehen. Welcher Mutter gefällt das nicht? Aber für solch eine Geste sollte niemand einen Feiertag brauchen. Was mich an diesem Feiertag stört, ist das Gefühl irgendetwas schenken zu müssen, weil uns ein Kalenderblatt es uns vorgibt und wir oft nicht in der Lage zu sein scheinen, unsere Anerkennung auch anders ausdrücken zu können. Was bringt es, einen Tag lang die Mutter zu hofieren, um am nächsten Tag die dreckige Wäsche überall liegenzulassen in der Hoffnung, Mutti wird’s schon richten.

Also Überflüssig oder doch total wichtig?
Meiner Meinung nach ist der Muttertag trotz allem eine tolle Erfindung. Denn ich finde es tatsächlich gut, sich an einem Tag ganz besonders in Erinnerung zu rufen, dass Mama die Beste ist, auch ohne Glitzershirt. Ich weiß natürlich auch, dass leider nicht jedes Kind das von seiner Mutter sagen kann, aber vielleicht gibt es dann eine andere Person, die diese Mutterrolle einnimmt.
Spätestens seit ich selbst Mama bin weiß ich, welche Höhen und Tiefen meine Mutter mit mir mitgemacht haben muss. Auch wenn ich das in der Vergangenheit oft anders gesehen habe und auch heute nicht immer einer Meinung mit ihr bin. Und ich bin der Überzeugung, jemanden mit Wertschätzung zu beschenken ist sehr viel mehr wert als irgendein gekauftes Parfüm. Nicht nur am Muttertag, aber dann ganz besonders.
Die Kaffeetafel fällt dieses Jahr übrigens bei uns aus. Ich glaube, ich hole dann auch mal den Bollerwagen aus der Garage. Eine Kiste Bier steht auch noch im Keller. In diesem Sinne: Happy Mother`s Day
Wie steht ihr zum Muttertag? Ist er total überflüssig oder doch irgendwie wichtig?
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