Es gibt Sendungen im Nachmittagsfernsehen, die haben eine Fraueneinschaltquote von 90%. Meistens geht es dabei um Brautkleider, Shoppingtouren auf Zeit oder die Einrichtung von Häusern. In den Werbepausen werden entsprechende Angebote offeriert, die natürlich auf die weibliche Zielgruppe zugeschnitten sind. Zwischen hippen Mädels, die in Insta-Manier lassiv-cool ihre Wimperntusche in die Kamera halten, wird mit der neuesten Tütenfertigmischung ein echt frisches Mittagessen gekocht. Werbung eben. Aber ein stärker werdender Trend ist die explizit betonende „Wir sind starke Frauen“ Werbung.
Ein Beispiel: Die Torwartin, die mit konzentriertem Blick im Tor steht und sagt: „Weil ich eine Frau bin, glaubst du, ich kann dem Druck nicht standhalten?“ Dabei handelt es sich um Werbung für Tampons. Mir ist schon klar, was sich die Werbemacher, vermutlich zum Großteil Männer, dabei gedacht haben. Egal ob du deine Tage hast oder nicht, du kannst trotzdem alles schaffen.
Aber sorry. Brauchen wir emanzipierte Werbung bei einem Produkt, das nur, und in diesem Fall bin ich mir 100% sicher, absolut nur für Frauen gemacht wurde? Fühle ich mich stärker und emanzipierter, wenn ich während meiner Periode meinen Tampon trage und zu mir selbst sagen kann: „jetzt zeig ich’s euch aber, wie ich dem Druck standhalten kann! Allerdings muss ich mir erst ne Tablette einschmeißen, ich habe nämlich Kopf- und Unterleibsschmerzen.“
Für mich ist dieses gewollt Taffe an der Stelle fehl am Platz. Denn eine Werbung, die mir sagt, dass ich mich frei bewegen kann, obwohl ich menstruiere, fühlt sich irgendwie an wie eine Botschaft aus dem letzten Jahrhundert. In dem wir auch gelernt haben, dass die Geschichte der Menstruation eine Geschichte voller Missverständnisse ist.

Emanzipiert ja, Emanze nein!
Nicht falsch verstehen. Ich bin eine große Verfechterin eines starken und emanzipierten Frauenbildes, aber ich bin keine Emanze. Das geht nicht? Finde ich schon! Mich nerven die Damen, die in jeder Formulierung einen Affront gegen Frauen sehen. Dieses ständige Betonen: „wir Frauen sind genauso gut wie Männer“. Klar sind wir das, aber dann lasst uns das den Kerlen doch auch mal zeigen und uns nicht über irgendwelche fehlenden Endungen in Emails aufregen. Starke Frauen zeichnen sich für mich nicht dadurch aus, dass sie ihre ganze Energie darauf verwenden, frauendiskriminierende Fehler in der Männerwelt aufzeigen. Sondern vielmehr dadurch, dass sie in der Lage sind ihrem männlichen Gegenüber auf Augenhöhe zu begegnen und nicht in ein Weibchenschema verfallen, sobald es schwierig wird.
Ich bin der Meinung, Frauen werden oft nicht ernst genommen, weil sie zu viele Dinge kaputtdiskutieren, anstatt einfach zu zeigen, was wir draufhaben.
Da fällt mir direkt ein weiteres Beispiel aus der Werbung ein. Ein Deodoranthersteller ist auf den Zug der Diversität aufgesprungen und macht, unter anderem, Werbung mit sich schminkenden jungen Männern. Mutig? Joah, irgendwie schon, es trifft ja den Zeitgeist und macht sich beim jungen Publikum gut. Denn wir alle wollen ja betonen wie „open-minded“ wir sind. In der gleichen Kampagne geht es um eine junge Frau, die Longboards designt und fährt. Im Video sitzt sie vor einem Bildschirm und designt Boards mit total niedlichen, bunten Blumen (*Ironie off*). Mit den Worten: „Frauen sollen zeigen, was sie draufhaben“, fährt sie lässig, natürlich gut duftend, mit ihren Mädels auf dem Longboard durch die Stadt. Finde ich das jetzt gut?

Zuerst mal finde ich die ungeschnittene Werbung, die es beim Deodoranthersteller auf der Webseite im Ganzen zu sehen gibt, um Längen besser. Dort ist sie nicht nur Longboard-Designerin, was sich für mich irgendwie auch nur nach der Weiterentwicklung der, von arbeitslosen TV-Sternchen gern benutzten, Bezeichnung Schmuckdesignerin klingt. Die junge Frau redet dort über das Skaten, eine Verbindung von Tanz und Board, dass man sich „auch mal auf die Fresse legt“. Das klingt in meine Ohren irgendwie emanzipierter.
Queere Männer und starke Frauen
Außerdem irritiert mich die Tatsache, dass diese beiden Werbungen, also der sich schminkende Mann und die skatende Frau in einer Kampagne auftauchen. Der sich schminkende Mann bricht doch mehr Tabus in unserem gesellschaftlichen Denken als eine Frau auf einem Skateboard, oder? Ich habe das Gefühl, dass selbstbewusste und starke Frauen immer noch als etwas Besonderes dargestellt werden. Nach dem Motto: Huhu aufgepasst, da kommt so ne richtig total taffe und emanzipierte Frau, und die trägt sogar Hosen. Willkommen in 2021!

Ich würde mir mehr Selbstverständlichkeit beim Bild der „starken Frau“ wünschen. Nicht immer dieses Hervorheben und Betonen, dass eine Frau das ja auch kann. Egal, ob im Minirock, in Fußballschuhen oder auf dem Skateboard. Wirklich starke Frauen brauchen keine explizite Werbung, weder im Fernsehen, noch für sich selbst! Und wenn wir das auch verkörpern, ändert sich ja vielleicht wirklich irgendwann etwas in den Köpfen und dem gesellschaftlichen Bild der Frau. Bis dahin, seid frech und wild und wunderbar!
Wie stehst du zu dem Thema? Findest du, Frauen sollten mehr für ihre Gleichstellung werben oder einfach beweisen, dass sie taffe Frauen sind? Und was sagen überhaupt die Männer dazu?
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