Während ich das hier schreibe läuft „Driving home for Christmas“ im Radio. Ich sitze im muckelig warmen Zimmer, neben mir eine Tasse heißer Tee und durch das Fenster sehe ich draußen vereiste Bäume. Ein Eichhörnchen hüpft von Ast zu Ast und bring seine Wintervorräte in Sicherheit. Wie schön sie doch ist, diese Vorweihnachtszeit…

So könnte die Geschichte beginnen. Eine romantische Vorstellung in meinem Kopf, aber das hier ist ja kein Märchenblog. Denn eigentlich höre ich nie Musik, wenn ich schreibe, das lenkt mich zu sehr ab. Und weil unsere Heizung heute Morgen ausgefallen ist, sitze ich mit dicken Socken und kalten Händen am Schreibtisch. Tee trinke ich maximal, wenn ich krank bin und vor dem Fenster sehe ich nur nasses Laub, das man vor Wochen schon hätte zusammenrechen müssen. Von Eichhörnchen ist hier weit und breit keine Spur.

Alles ist so schön weihnachtlich

Ich glaube, in vielen von uns steckt die Sehnsucht, wenigstens einmal im Jahr so zu tun können, als wäre die Welt in Ordnung. Wir sehnen uns nach Ritualen, nach Entschleunigung, nach Festlichkeit. Und welche Zeit wäre da besser geeignet als die Weihnachtszeit? Überall in den Sozialen Medien sieht man Teller mit (vermeintlich) selbstgebackenen Plätzchen (#inderweihnachtsbäckerei), brennende Kerzen und kunstvoll gesteckte Weihnachtskränze (#diy). Leuchtende Kinderaugen vor bereits am 29.11. geschmückten Weihnachtsbäumen und Boomerangs von anstoßenden Glühweintassen, weil wir es kaum erwarten können, dass es endlich los geht mit der Harmonie. Hurra, Weihnachten steht vor der Tür.

Dabei ist gerade die Vorweihnachtszeit doch die stressigste im ganzen Jahr. Die Weihnachtsgeschenke, die zum Fest der Liebe für so viel Freude sorgen sollen, werden schweißgebadet im Weihnachtsstress gekauft und dann mit dünnen Nerven zur Post getragen.

Nahkampfausbildung in der Postfiliale

Gestern war ich in unserer Postfiliale, um ein Päckchen abzugeben, kein Weihnachtsgeschenk wohlgemerkt, soweit bin ich noch nicht. Die Schlange der ungeduldig, von einem Bein auf´s andere tippelnden Menschen, zog sich bis zur Eingangstür. Zwei Postschalter waren von müde dreinblickenden Mitarbeitern besetzt, die mit Sorge jeden, sich neu Anstellenden, wahrnahmen. Die Stimmung im Raum war angespannt, die Luft dick. Diverse Gerüche aus verschiedensten Ländern mischen sich, sei es aus den Paketen, der Kleidung oder aus den Mündern, in so einer Postfiliale zu einem „parfum du monde“. Eine Reise um die Welt auf nur 100 qm².

Wer nicht sofort in der Schlange aufrückte, sobald auch nur zehn Zentimeter Platz frei wurden, musste den Groll seines Hintermannes respektive der Hinterfrau fürchten. Abstand ist eben auch eine Auslegungssache. Und wehe, jemand versuchte an der wartenden Menge vorbei zum Tischchen mit den Paketscheinen zu gelangen. Eine apokalyptische Mission, die mit bösen Kommentaren begleitet wurde. Zwischendurch kam ein dritter Mitarbeiter hinter den Tresen. Hoffnung! Oder doch nicht, denn er wollte nur schnell zwei Formulare abstempeln. Vermutlich irgendwas von der Postbank. Ganz wichtig und so.

Ich glaube, er hat sich einen Spaß daraus gemacht, dass er wieder gehen und seine zwei Kollegen ihrem Schicksal überlassen konnte. Wir werden es nie erfahren. Der Mitarbeiter, der mich nach 25 Minuten dann bediente, war trotzdem sehr freundlich und hat sogar fast gelächelt. Hut ab vor euch! Ich möchte nicht tauschen.

Schenk nochmal nach, Luise

Aber wie steht es denn nun um die Harmonie in der Weihnachtszeit? Sitzen wir wirklich mit der Familie um den festlich gedeckten Tisch, schwatzen und lachen und haben uns alle lieb? Oder ist es nicht vielmehr so, dass Onkel Franz nicht neben Cousine Luise sitzen will, weil die nach dem dritten Glas Wein immer so viel redet, die Schwiegermutter am Essen rumnörgelt, der Mann am liebsten seit zwei Stunden im Bett wäre und die Kinder an ihren Geschenken rummeckern, weil wieder nicht das Richtige dabei war? Du sitzt dann da, im schlechtesten Fall als Gastgeberin, zwischen Gänsekeule und Rotkraut und wünscht dir, du hättest den Platz neben Cousine Luise, die dir nochmal nachschenkt. Süßer die Glocken nie klingen!

Alle Jahre wieder

Zwischen dem Wunsch nach Harmonie, mit Plätzchenduft und Kerzenschein, und der Realität liegen manchmal eben doch Welten. Und so groß die Vorfreude auf ein harmonisches Fest mit Freunden und Familie auch ist, nach den Feiertagen ist man doch irgendwie froh, wenn sie alle wieder zu Hause sind.

Was singt Herr Rea in seinem Song? „I’m driving home for Christmas. Oh, I can’t wait to see those faces“. Ich will das mal so stehen lassen.


Alle Jahre wieder: Weihnachtslust oder Weihnachtsfrust? Wie hamonisch ist deine Vorweihnachtszeit und was ist dir wichtig? Oder bist du froh, wenn alles vorbei ist? Fragen über Fragen. Schreib uns in die Kommentare oder auf Facebook und Instagram.

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