Die Kluft zwischen Eltern und Kinderlosen ist groß. Sehr groß. Und in manchen Situationen scheinbar unüberwindbar. Warum eigentlich? Denn zumindest die Fraktion der Eltern hat ja irgendwann mal das Lager gewechselt und sollte die andere Seite ja kennen. Trotzdem scheint es so, als würde der Duft einer vollgekackten Windel die Sinne einiger Erziehungsberechtigter derart vernebeln, dass diese schlagartig vergessen, dass sie ja irgendwann auch mal zu den ANDEREN gehört haben.
Verständlich, dass manchem Kinderlosen beim Essen die Amuse-Gueule im Halse stecken bleiben, wenn am Nachbartisch über die Gefahren einer in der Nase steckenden Erbse und die durch Milchstau entzündeten Brustwarzen diskutiert wird.
Aber ihr Kinderlosen, was wisst ihr denn schon? Ihr habt ein bisschen Stress im Job, jammert, wer in eurer Beziehung das Bad putzt und dass der Urlaub so kurz war. Wisst ihr eigentlich, wie furchtbar schwer wir Eltern es haben? Kaum Schlaf, immer verfügbar sein müssen und dann diese Doppelbelastung aus Job und Familie. Ihr habt ja keine Ahnung. Woher auch, ihr habt ja keine Kinder!
Peng, da ist er. Der Satz, der vermutlich alle Kinderlosen auf die Palme bringt. Und er kommt aus den Mündern derer, die vor ein paar Jahren selbst noch bei jeder Party auf dem Tisch getanzt haben. Was ist also passiert? Was macht das Elternsein mit Männern und vor allem Frauen? Kommt kurz vor der Geburt eines Kindes eine Fee und flüstert dir ins Ohr: „komm mit mir, auf die dunkle Seite des Mondes. Wo deine Nächte kurz und deine Verabredungen mit Freunden noch kürzer sind“?
Wenn aus Kinderlosen Eltern werden
Ja, man könnte wirklich meinen, mit der Geburt eines Kindes durchgeht man eine Transformation, bei der jegliche Scham und Zurückhaltung verloren gehen und dafür das „Also-ich-mache-das-ja-so“ GEN stark in Erscheinung tritt. Liebe Kinderlose, aus eigener Erfahrung möchte ich euch eines sagen: Bei einer Geburt geht tatsächlich jegliche Scham verloren. Wenn du als Frau brüllend und breitbeinig vor, dir (meist) völlig unbekannten, Menschen liegst, Körperöffnungen Dimensionen annehmen, von denen du vorher nicht im Traum angenommen hast, das dies möglich wäre und dein Körper in kurzer Abfolge diverse Flüssigkeiten von sich gibt, ja dann ist der Moment gekommen auf die Scham zu pfeifen und im wahrsten Sinne einfach mal alles rauszulassen.

Vielleicht ist das der Grund, warum Frauen es nach einer Geburt so normal finden, ihr Umfeld ungefragt über den Windelinhalt der letzten Tage zu informieren. Gerne auch mal beim gemütlichen Abendessen mit den (kinderlosen) Freunden. Liebe Kinderlose, selbst als Mutter bin ich an dieser Stelle vollkommen bei euch. Das ist scheiße. Im doppelten Wortsinn.
Doch sind nicht auch die Kinderlosen ungerecht gegenüber der sich fortpflanzenden Bevölkerung? Denn ja, es gibt sie, die Mütter, die es schaffen nicht den ganzen Tag von ihren Kindern zu reden, die sich morgens die Mühe machen, ein fleckenloses Oberteil anzuziehen und mit gekämmten Haaren aus dem Haus zu gehen.
Einige Kinderlose sehen das anders. Für sie sind wir Mütter ein Haufen bemitleidenswerter Frauen, die sich dem Leben ihrer Kinder untergeordnet haben und jede Spielplatzbank im Umkreis von 20 km bereits persönlich kennen. Kaffeetrinkend und Dinkelkeks-kauend unsere Nachmittage verschwenden und abends um acht ins Bett gehen. „Ihr habt es ja so gewollt“, der Klassiker unter den Sätzen, den Eltern von Kinderlosen zu hören bekommen. Auch nicht so geil.

Kein Weg zurück
Hast du einmal die Seite gewechselt, dann gibt es kein zurück mehr. Bist du einmal eine Mutter, dann bleibst du es für den Rest deines Lebens. Egal was kommt. Aber jede hat es selbst in der Hand, was sie draus macht. Und es gibt für alles eine Zeit, dazu gehört auch die um-acht-ins-Bett-gehen Zeit. Aber die ändert sich irgendwann wieder, wenn man es denn will. Und dann ist es wieder die um-drei-Uhr-nachts-nach Hause-kommen Zeit.
Sicher ist es richtig, dass man als Eltern mehr Kompromisse eingehen muss. Die Flexibilität für ein spontanes Kino-Date bleibt schon auf der Strecke, wenn man erst zwei Stunden für einen Babysitter herumtelefonieren muss. Und auch in Einrichtungsfragen wird man praktischer, denn Schokoflecken auf dem IKEA-Sofa schmerzen nicht so sehr wie auf dem Designerstück. Aber ab einem gewissen Kindsalter kann man sich seinen Wohnraum zurückerobern und wieder ein „normales“ Erwachsenenleben führen. Das gilt dann übrigens auch für Verabredungen. Also so richtige, nur mit Erwachsenen.

Aber bis es soweit ist, müssen die Kinderlosen eventuell den einen oder anderen Kompromiss mit ihren Eltern-Freunden eingehen. Manchmal sagen wir kurzfristig Verabredungen ab, weil das Kind krank geworden ist oder können uns nicht auf ein Gespräch konzentrieren, weil das Kind ununterbrochen dazwischenquatscht. So ist das eben, wenn man Kinder hat. Klingt komisch, ist aber so. Und auch, wenn manch Kinderloser seine Eltern-gewordenen-Freunde manchmal nicht wiedererkennt, weil diese in ihrer Eltern-Blase versunken sind, so sind die meisten doch froh, wenn mal einer von draußen winkt und sagt: „komm doch mal wieder raus“.
Raus aus der Blase
Spätestens wenn du als Mutter zu der Erkenntnis kommst, dass dir die Mütter-Blase gerade ziemlich auf die Nerven geht und du selbst gerne mal wieder ein Gespräch führen möchtest, das nicht im entferntesten mit Kindern zu tun hat und dabei auch noch Bier trinken, spätesten dann wirst du merken, wie sehr du deine kinderlosen Freunde vermisst. Denn bei allen Unterschieden, die scheinbar zwischen Eltern und Kinderlosen bestehen, können beide Seiten tatsächlich miteinander Spaß haben.
Darum vielleicht mal nicht die zehnte Anekdote aus dem Kindergarten erzählen, sondern sich zwischendurch auch mal (möglichst ehrlich interessiert) nach dem Leben des anderen erkundigen. Und auf der anderen Seite nicht jede Windel auf die Goldwaage legen, sondern einfach mal ’nen Kaffee kochen und der Mutter sagen, dass sie heute gar nicht so müde aussieht…
Seid ihr Team Eltern oder Team Kinderlos? Und wie sind eure Erfahrungen mit „DEN ANDEREN“?
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