Ich stand neulich unter der Dusche und habe mir überlegt, welche Erwartungen ihr an unseren Blog haben könntet. Was wollt ihr lesen? Was interessiert euch? Eigentlich fragwürdig, derartige Gedankengänge unter der Dusche zu haben. Egal. Mir geht also durch den Kopf, was ihr von uns, von mir erwarten könntet.

Wollt ihr einen super lustigen, selbstironischen Artikel zu meinem Frühstück mit meinen zwei Kindern, die heute Morgen ihr Müsli samt Milch über Papas Laptop verteilt haben, lesen? Oder wollt ihr eine tiefgründige Abhandlung der Mutterrolle und den damit verbundenen Problemen des Alltags. Wobei wir hier schnell wieder bei der Milch und dem Laptop wären. Wollt ihr schlaue Tipps, wie ich Schokoflecken klimaschonend aus meiner Wäsche zaubere oder doch lieber eine mütterliche Analyse deutschsprachiger Raptexte der letzten 20 Jahre? Was könnt ihr von mir erwarten? Die wenigsten von euch kennen mich persönlich. Besteht dann überhaupt ein Anspruch auf Erwartungen mir gegenüber? Und wenn ja, kann ich diese überhaupt erfüllen, ohne euch zu kennen?
Wenn die eigen Erwartungen im Weg stehen
Worauf ich hinaus will, ist die Tatsache, dass wir uns mit unseren Erwartungen oft selbst im Weg stehen. Das beziehe ich jetzt nicht unbedingt auf unseren Blog oder diesen Artikel hier, denn der gefällt euch oder nicht. Was ich meine, ist der Zustand einer inneren Unzufriedenheit, die ausgelöst wird durch nicht erfüllte Erwartungen. An den Partner, die Kinder, den Job, sich selbst. Die Liste lässt sich endlos weiterführen.
Dabei sind oft die Partys, von denen man im Vorfeld schon denkt, sie wären stinklangweilig, die besten. Weil man sich, gerade weil man all seine Erwartungen heruntergeschraubt hat, unvoreingenommen und ohne Wertung unterhalten und amüsieren kann. Auch ich tappe immer wieder in die Falle, dass ich von meinem Umfeld Dinge erwarte und der Enttäuschung über die Nichterfüllung meiner Vorstellungen dann der Vorwurf „Hätte er oder sie nicht…“ folgt. Auf Dauer vergiftet das jede zwischenmenschliche Beziehung. Es ist eben nicht immer so einfach, aus seinem geistigen Hamsterrad auszubrechen, obwohl man genau weiß, dass es einem nicht gut tut.
Wenn einem plötzlich die Augen geöffnet werden
Es gab vor einiger Zeit einen Einschnitt in meinem Leben, der mich und meine Erwartungshaltung, vor allem mir selbst gegenüber, sehr verändert hat. Als vor zwei Jahren, nur einen Tag vor meinem Geburtstag, ein sehr guter Freund an einem Hirntumor starb, stand meine Welt für einen Moment lang still. Dieser Mensch hatte so viel für mich getan und meinen Horizont auf so vielfältige Weise erweitert.
Jetzt war er plötzlich nicht mehr da. Von der Diagnose bis zu seinem Tod waren kaum 6 Monate vergangen. Was sollte ich aus dieser Situation machen, was machte diese Situation mit mir? Ich habe viel nachgedacht. Über mich, meine Familie, meinen Partner, meine Kinder. Was bleibt, wenn ich einmal sterbe? An was werden sich meine Kinder, meine Freunde erinnern? Lebe ich so, wie ich es will? Mache ich mir zu viele Gedanken, was andere über mich denken und welche Erwartungen sie an mich haben?

Es gibt diesen etwas abgegriffenen Spruch: „Lebe jeden Tag als wäre es dein letzter“. Leichter gesagt als getan, denn jeder von uns steckt in seinem Trott aus Alltagsleben, Beruf, Verpflichtungen. Und auch, wenn man sich vornimmt die Dinge mehr zu genießen, versinkt dieser Vorsatz sehr schnell in den Wäschebergen, zwischen den Meetings im Büro oder dem Kindergenörgel über das Mittagessen.
Meinen Anspruch muss ich auch anderen zugestehen
Mir geht es oft so. Auch wenn ich mir einbilde, alles ganz gut im Griff zu haben. Das Genießen und das „Ich“ bleiben dabei ganz oft auf der Strecke. Keine Angst, ich will hier jetzt keine Werbung für Selbstfindungsseminare und Sitzkreisdiskussionen machen, aber ich habe mir vorgenommen, den Dingen öfter ihren Lauf zu lassen. Ich muss nicht die Erwartungen der anderen erfüllen, aber sie genauso wenig meine. Was ich für mich beanspruche, will ich auch anderen zugestehen können. Das ist hartes Stück Arbeit, denn ich muss mich selbst immer wieder daran erinnern. Und es klappt auch nicht immer. Aber wenn es funktioniert, nimmt es den Druck aus vielen Situationen.

Es liegt in der Natur des Menschen, dass er anderen gefallen möchte. Wir suchen nach Lob und Anerkennung und sind gekränkt, wenn man sie uns verwehrt. Aber wir können lernen, sie nicht einzufordern, weil wir sie erwarten. Sondern vielmehr unsere eigene Erwartungshaltung öfter zu hinterfragen und einfach mal anzunehmen was man uns entgegenbringt. Gilt auch für diesen Blogartikel. Ich gehe so lange duschen…
Wie gehst du mit deiner Erwartungshaltung an dich oder andere um? Schaffst du es, deine Erwartungshaltung immer zurückzuschrauben oder fällt es dir schwer? Ich bin gespannt auf deine Gedanken.
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