Es ist so weit, aus der Vollzeitmutter ist wieder eine Working Mom geworden. Nach 27 Monaten Elternzeit bin ich zurück im Job. Und obwohl ich ja bereits das zweite Mal aus der Elternzeit zurückkehre, fühlt es sich auch dieses Mal wieder merkwürdig an. Ich habe durchhaus ambivalente Gefühle für diese neue Situation. Auf der einen Seite freue ich mich, wieder arbeiten zu gehen und mich mit Dingen zu beschäftigen, die überhaupt nichts mit meinen Kindern zu tun haben. Es geht für einige Stunden am Tag ausnahmslos nur um „Erwachsenenthemen“ und ich werde als Person, nicht nur als „die Mutter“ wahrgenommen.
Auf der anderen Seite verbringe ich gerne Zeit mit meinen Kindern. Ich habe nie ein Rollenmodell angestrebt, in dem mein Partner bei den Kindern zu Hause bleibt. Nicht mangels Emanzipation, sondern weil ich es für mich und meine Kinder so wollte. Diese Zeit fehlt mir jetzt, als Working Mom, natürlich.
Ich geh dann mal wieder arbeiten
Doch was bedeutet der Ausdruck Working Mom überhaupt. Impliziert er nicht, dass Mütter, die für ihre Kinder zu Hause bleiben, nichts arbeiten? Non-Working Moms sozusagen? Haben nicht auch viele das Bild der kaffeetrinkenden Mutti im Kopf, die sich auf Spielplätzen den Tag vertreibt, um mit anderen Müttern Kochrezepte auszutauschen? Working Mom klingt da natürlich schon sehr viel cooler. Hört es sich doch so viel mehr nach Karriere und Selbstverwirklichung an.
Aber ist das wirklich so? Laut dem Statistischem Bundesamt arbeiten dreiviertel aller Mütter mit minderjährigen Kindern in Teilzeit. Nach großer beruflicher Karriere klingt das nicht. Auch ich habe diese Form des Wiedereinstrieges gewählt. Bedeutet das also automatisch, weniger verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen zu müssen, weil der Chef die wichtigen Projekte den Mitarbeitern in Vollzeit zuschiebt? Natürlich will auch ich anspruchsvolle Aufgaben im Job, aber kann ich arbeitsintensive und zeitfressende Projekte überhaupt übernehmen, ohne dass meine Kinder dabei irgendwo auf der Strecke bleiben?

Also muss ich mich doch entscheiden? Karriere oder Kinder? Will ich eine Karriere, brauche ich mehr Zeit im Job, will ich für meine Kinder da sein und sie nicht ganztags betreuen lassen, wird es nichts mit der Karriere? Und wäre ich keine Working Mom, wäre ich dann „nur noch“ eine Mutter?
Als „Vollzeitmutter ohne eigenes Leben“ abgestempelt
Als mich kürzlich jemand fragte, ob ich es als „Vollzeitmutter“ bereuen würde, mein persönliches Leben für meine Kinder aufgegeben zu haben, machte mich das stutzig. Werde ich so wahrgenommen? Wirkt es für Außenstehende so, als würde ich nichts anderes tun, als den ganzen Tag meine Kinder zu bespaßen? Wird mir in dem Moment, in dem ich keiner Arbeit mit Arbeitsvertrag nachgehe, inhaltlich weniger zugetraut als einer Frau im Job?
46% aller Frauen mit einem Kleinkind unter zwei Jahren haben keine Arbeit, so das Statistische Bundesamt. Im Vergleich dazu, bei den Männern sind es gerade einmal 6%. Der Beruf der „Vollzeitmutter“ wird nicht entlohnt, obwohl es ein 24/7 Job ist, auch an Sonn- und Feiertagen. Jahrelange Kindererziehung, in denen man kein Geld verdient und somit auch nichts in seine Rente einzahlt. Und trotzdem einer der wichtigsten Jobs überhaupt.
Frauen begeben sich durch dieses Lebensmodell automatisch in eine, zumindest finanzielle, Abhängigkeit vom Partner, der in den meisten Fällen ein Mann und damit in der Regel, trotz Kindern, berufstätig ist. So, da sind sie endlich, die Männer. Einige hätten sie wahrscheinlich gerne weitaus früher ins Gespräch gebracht. Ich habe das bewusst nicht getan, denn ich halte es für zu einfach, den Männern den schwarzen Peter zuzuschieben und sie unter Generalverdacht zu stellen, die Frauen mutwillig benachteiligen zu wollen. Ja, es könnten mehr Männer statt ihrer Frau zu Hause bei den Kindern bleiben. Ja, Frauen werden im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen im Job oft benachteiligt. Alles richtig.
Kindererziehung ja, aber was kommt danach?
Aber was ist, wenn eine Frau freiwillig entscheidet, bei den Kindern zu Hause zu bleiben, bis diese irgendwann groß genug sind, um, im wahrsten Sinne, nicht mehr bemuttert werden zu müssen. Wenn dann die Beziehung mit dem Partner in die Brüche geht, muss sich die Frau nach Jahren der Arbeitsmarktabstinenz einen neuen Job suchen. Und genau hier beginnen die Probleme.
Zu lange aus dem Job, um eine, ihren Qualifikationen entsprechende, Position zu bekommen, zu alt, um etwas neues anzufangen oder zu schlecht ausgebildet, weil das wegen der Kinder auf der Strecke blieb. Ich kenne einige Frauen, deren Konstrukt der „Vollzeitmutter“ wie ein Kartenhaus zusammenfiel, als der Partner nach vielen Ehejahren plötzlich lieber mit seiner Sekretärin als mit ihnen in den fahren Urlaub wollte. Und ja, der Mann ist dann ein Arsch, aber besser geht es den Frauen mit dieser Erkenntnis trotzdem nicht.
Liegt es nicht auch in der Verantwortung der Frau sich unabhängiger zu machen, sich weiterzubilden und an einem zukunftsorientieren Lebensinhalt, abseits der Kinder zu arbeiten? Nicht vor dem Hintergrund, eventuell irgendwann vom Partner verlassen zu werden, sondern mit dem Wissen, dass die Kinder irgendwann aus dem Haus sind und die Zeit bis zur Rente dann noch ziemlich lang sein kann.

Was haben Sie eigentlich die ganzen Jahre gemacht?
Da „Vollzeitmutter“ leider trotz Vollzeitbeschäftigung kein Jobprofil ist, klafft irgendwann eine immer größer werdende Lücke im Lebenslauf. Mit fortschreitendem Alter und sich weiterentwickelnden Stellenanforderungen wird der Schritt zurück in einen adäquaten Job damit immer schwieriger.
Bei mir war es beim ersten Kind weniger die Angst, nicht mehr in den Job zu kommen als vielmehr die Tatsache, dass ich mich in der „Mutterblase“ nicht wohl fühlte und darum nach 18 Monaten wieder einstieg. Ich spreche gerne über meine Kinder, aber nicht permanent. Und besonders als Erstgebährende bewegt man sich eben primär unter Müttern, und einige davon haben kaum ein anderes Thema als ihre Kinder. Das war mir irgendwiann zu wenig.
Beim zweiten Kind habe ich es länger zu Hause ausgehalten. War diesmal gar nicht so schlecht, diese Sache als „Vollzeitmutter“. Aber für mich ist dieses Modell eben nur zeitlich begrenzt denkbar, weil auch meine Kinder nicht ewig Guten-Nacht-Geschichten von mir vorgelesen bekommen wollen. Nach zwei Jahren ist es jetzt an der Zeit den Fokus wieder auf mich selbst zu richten. Mal sehen, wie ich mich dann in meiner neuen, alten Rolle als Working Mom zurechtfinde.
Kinder und Karriere – geht beides, oder nicht? Welche Erfahrungen hast du als Mutter in der Arbeitswelt gemacht? Schreib mir deine Erfahrungen zu diesem Thema.
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