
Dass Google, Facebook und Konsorten immer und überall mitzuhören und zu -lesen scheinen, ist ja nun nichts Neues. Trotzdem wundere ich mich manchmal ob der obskuren – und leider des Öfteren rein faktisch auch passenden – Werbeanzeigen, die mir während meiner Ausflüge in dieses Internet angezeigt werden. Und frage mich, woher zum Geier die Datenkraken schon wieder wissen, dass ich kürzlich 40 geworden bin.
Denn ganz besonders sympathisch finde ich die so genannten Stylingtipps, die einem auf diesem Wege untergeschoben werden. Und mir offensichtlich subtil mitteilen sollen, dass ich mit meinem letzten Geburtstag eine Altersgrenze überschritten habe, die es mir nicht mehr erlaubt, gewisse Dinge zu tragen oder zu tun.
So zumindest interpretiere ich die teilweise erschreckenden Vorschläge, die man hier erhält. Von hochgeschlossenen Spießer-Hosenanzügen für’s Büro über faltenkaschierende Schminkvideos bei YouTube („Dos and Don’ts Make Up Tutorial over 40“) bis hin zur vorgegebenen Haarlängen, die man offenbar in meinem fortgeschrittenen Alter bei Todesstrafe nicht überschreiten darf. Sofort habe ich Horrorvisionen von asymmetrischen Kurzhaarschnitten mit farbiger Strähne im Pony im Kopf und frage mich, ob das jetzt tatsächlich mein Schicksal sein wird.

Sicher, man sollte sich nicht über sein Aussehen definieren und all das, was man an dieser Stelle einwerfen könnte. Aber ich hab mich immer schon für Mode interessiert und fühle mich einfach besser, wenn ich mir selbst gefalle. Und außerdem hab ich ja weder Mann noch Kinder, also unfassbar viel Zeit, um mir über solche Nichtigkeiten Gedanken zu machen. Aber gerade deshalb ist es für mich sehr befremdlich, mir von außen vorschreiben zu lassen, was hierbei meinem Alter angemessen ist.
In den 90ern waren amerikanische Frauen mit 40 optisch uralt
Kürzlich habe ich wieder angefangen, eine meiner Lieblingsserien aus den 90ern zu schauen. Beverly Hills 90210. Aus meinem heutigen erwachsenen Blickwinkel eine erstaunlicherweise wirklich sehr eindrucksvolle, gar nicht mal so sehr oberflächliche Serie, die jegliches Tabuthema aufgegriffen und uns als Teenies im richtigen Ton vermittelt hat. Was mich aber wirklich schockiert, sind die Mütter. Cindy Walsh, Jackie Taylor, Felice Martin. Optisch nach heutigen Maßstäben locker um die 50 oder älter. Zieht man aber in Betracht, dass Kellys geschiedene Mutter nach ihrer neuerlichen Heirat noch ein Kind bekommt und die Hauptprotagonisten anfangs erst 16 sind und auf Basis verschiedener Hinweise aus den Dialogen einige Rechnungen vornimmt, so stellt man geschockt fest, dass sie erst 38 sein kann. Auch nach nochmaliger Überprüfung. Äh. Echt jetzt?
Zugegeben: Mit Donnas ewigem Bauchfrei-Look in schreienden Farben nebst Minirock, der grade so die Pobacken bedeckt, komme ich auch nicht so klar. Vor allem weil dieser ihre sonst so streng katholische Mutter nicht die Bohne zu interessieren scheint, nicht mal beim weihnachtlichen Kirchgang, irritiert mich das etwas. Aber das waren eben die 90er. Und Fernsehen. Und das ist ja irgendwie auch Geschmackssache, das hätte ich wohl selbst mit 16 nicht getragen. Aber vor allem die sehr ältlich wirkenden Mütter, teilweise mit Kleinkindern, vermitteln mir ein Bild, mit dem ich mich überhaupt nicht identifizieren kann.
An dieser Stelle merke ich, dass sich das Äußere von 40jährigen in den letzten Jahrzehnten doch etwas verändert hat. Und das finde ich sehr erleichternd, da ich überhaupt keine Lust verspüre, mich in Optik und Denkweise einem „Frau mittleren Alters“-Bild zu unterwerfen, das mir in keinster Weise entspricht.
Ich möchte bitte weiterhin in meinen kürzlich erstandenen Skinny Jeans mit Löchern an den Knien, so groß wie meine komplette Hand, korallfarbenem Nagellack und in Balayagetechnik gefärbten Haaren auf die Straße gehen können, ohne dafür ein Naserümpfen zu ernten. Und ja, vielleicht lasse ich mir auch wieder die Augenbrauen färben, weil mein seltsamerweise partiell hellblonder Flaum über den Augen die Hälfte der selbigen einfach unsichtbar macht. Und wenn ich ganz crazy bin und zu viel Geld übrig habe, färbe und curle ich auch mal wieder die Wimpern. Weil es einfach cool ist, morgens aufzustehen, die dunklen Bambiaugen zu haben, die manchen von Natur aus geschenkt wurden und nichts dafür tun zu müssen. Vor allem als Schminkdepp wie ich einer bin.
Optimierungswahn dank Instagram schon mit 20
Ich bin sicher kein Fan davon, dass sich Mädels Anfang 20 von irgendwelchen halbseidenen Ärzten in Praxisketten für 99,95 sämtlichen Gesichtszüge so lange aufspritzen lassen, bis überhaupt keine natürliche Kontur mehr zu sehen ist. Nur für den Insta-Fame. Da fängt der Optimierungswahn schon an, bevor der Verfall überhaupt begonnen hat. Aber irgendwie ist es auf der anderen Seite doch tröstlich, dass es so viele Frauen um die 50 und älter gibt – ob nachgeholfen oder nicht, die sich ebenfalls nicht in dieses vorgefertigte Mutti-Image drücken lassen möchten. Und dabei trotzdem nicht künstlich jung aussehen. Effortless/mühelos, wie es auf den Fashionblogs immer so schön heißt. Da hab ich also sogar noch viele gute Jahre vor mir.
Und so vertraue ich einfach darauf, dass ich wie bisher nach Bauchgefühl, und durchaus mit Anregungen durch etwas jüngere Frauen, meinem eigenen Stil treu bleiben kann. Bisher hat das jedenfalls immer sehr gut funktioniert. Und mal unter uns: Die, die mit 40 aussehen wie „Muttis“, haben das doch irgendwie schon mit 20 getan. Aber jeder so wie er möchte, gell.
Wie ist das bei euch? Gibt es Dinge, die ihr nicht mehr anzieht oder macht, weil sie angeblich nicht „eurem Alter entsprechen“? Oder ist euch das komplett egal? Erzählt einfach mal, hier oder auf Facebook, Instagram und Twitter.
Weitere meiner Gedanken zum Thema SINGLE findet Ihr hier.