
Als Single muss man sich schon viel anhören. Das könnte man wirklich schon als Singlebashing bezeichnen. Ich weiß nicht, ob ich das subjektiv bewerte oder ob es tatsächlich so ist, dass die Menschen denken, sie könnten aus ihrer scheinbar sicheren und gesellschaftskonformen Position namens Beziehung kluge Sprüche klopfen, die einem einfach nur auf die Nerven gehen.
Ehrlich gesagt: Nach dieser ganzen Corona-Misere ist mein Fazit, dass ich nun wochenlang in menschliche Abgründe geschaut habe, die ich zwar geahnt, aber in diesem Ausmaß nicht für möglich gehalten hatte. Von wegen Solidarität und so. Vielleicht ist meine letztere Einschätzung daher doch nicht so falsch.
Hier meine Top 5-Singlebashing-Sätze, die ich als Single nicht mehr hören kann:
„Na, was macht die Liebe?“
Gerne begleitet von einem süffisanten bis mitleidig-arroganten Grinsen.
Keine Ahnung. Frag sie doch selbst. Aber mal was anderes: Wie läuft’s denn bei euch im Bett so?
Merkste selbst, ne?
„Wenn man so verzweifelt sucht, dann merken das die Männer.“
Öhm. Puh. Ich will ja jetzt nicht dein mühsam vorgefertigtes Bild von mir zerstören, aber würde ich verzweifelt suchen, hätte ich längst jemanden. Ich will aber einfach nicht jeden. Aber schön, dass du, der du mich jetzt ein ganzes Jahr nicht mehr gesehen hast, so genau über mein unfähiges Datingverhalten Bescheid weißt.
An dieser Stelle kann man oft ein überaus interessantes Phänomen beobachten, das die Argumentationskette des Gegenübers von einer auf die andere Sekunde ins komplette Gegenteil kippen lässt:
„Naja, bei deinen Ansprüchen ist das ja auch kein Wunder.“
Ach ja, stimmt. Ansprüche sind in meinem Alter natürlich total verwerflich. Wie kann ich nur!
Sagtest du nicht eben noch, ich bin verzweifelt? Kann mich aber auch täuschen.
„Du willst ja eh keine Kinder, oder doch? Oh, dann musst du dich aber langsam ranhalten.“
Ach. Tatsächlich? Mensch, bin ich froh, dass du mir da jetzt die Augen öffnest. Da wär ich ja in hundert kalten Wintern nicht drauf gekommen.
Solche Dinge höre ich übrigens bevorzugt von Leuten, die ich grade erst kennengelernt habe. Was es irgendwie noch ein bisschen dreister macht.
Zuerst mal ist die Annahme, dass ich keine Kinder möchte, nur weil ich keine habe, schon mal sehr kurz gedacht. Weil es einfach tausend andere Gründe dafür geben kann. Unter anderem auch recht schmerzhafte. Und in meinem Fall ziemlich offensichtliche, weil – ja, du ahnst es sicher schon: Ich bin Single.
Und dann natürlich der gut gemeinte Hinweis, dass ich meine fruchtbarsten Jahre schon hinter mir habe. Herzlichen Dank, Mr. Obvious.
Aber mein wirklich unangefochtener Liebling unter allen tausend Mal gehörten Bemerkungen ist noch immer folgende:
„Du hast es gut.“
So kurz. Und so überheblich. Weil sie auf so vielen Ebenen unterschwellige Botschaften sendet, je nach Kontext, in dem sie eingeworfen wird. Und die meisten sind nicht wirklich nett. Angefangen von „Du musst dich ja nur um dich selbst kümmern. Was für ein Leben.“ über „Wie, du kannst nicht schlafen? Du hast doch gar kein Kind?“ bis hin zu „Langweilst du dich nicht, wenn du die ganze Zeit nichts zu tun hast?“. Na klar. So wie du dich gelangweilt hast, als du noch kein Kind, aber vielleicht einen stressigen Job hattest und dir überhaupt nicht vorstellen konntest, wie da jemals ein Kind Platz finden soll.
Letzteres gerne gefolgt von „Kannst du mal kurz…?“ oder „Macht dir doch nichts aus, wenn du heute…?“ und der Erwartungshaltung, dass ich immer spontan Zeit habe, weil mein Leben ja sowieso am Arsch ist und jeder frei über mich verfügen kann. Dass ich sogar dankbar bin, wenn andere Menschen mir endlich eine sinnvolle Aufgabe übertragen. Völlig uneigennützig natürlich. Wollen ja nur helfen.
Und so kommen dann gehässige Subbotschaften dabei raus, die im Prinzip dazu dienen sollen, mir ein schlechtes Gewissen zu machen, weil ich mir anmaße, mein Leben zu genießen, während Leute mit Kindern ständig am Rande des Wahnsinns leben. Als einzige auf der Welt selbstverständlich. Dabei würdet ihr’s doch ganz genauso machen, wenn ihr könntet!

Ja, ich habe kein Kind, das nachts plärrend an meinem Bett steht. Und keinen Mann, hinter dem ich herräumen muss. Dafür hilft mir aber auch keiner beim Putzen oder teilt die monatlich größte Investition mit mir durch zwei: die Miete nämlich. Und die im Großraum Stuttgart allein zu stemmen, macht jetzt auch nicht sooo viel Spaß. Und in Kurzarbeits- oder gar Arbeitslosigkeitszeiten fängt auch keiner die Kosten auf, die trotzdem jeden Monat anfallen. Ganz zu schweigen davon, dass zuhause keiner auf mich wartet, bei dem ich mal kurz dem Ärger vom Tag Luft machen kann und der in jeder Situation hinter mir steht. Egal was kommt.
Vielleicht halten mich statt Kindern Existenzängste wach. Oder die Panik, für immer allein zu bleiben. Oder die Überlegungen zum Jobwechsel, weil ich schon lange nicht mehr glücklich bin, der neue Job aber auch Risiken mit sich bringt. Weil ich das nicht vor dem Einschlafen mit jemandem ausdiskutieren kann, der am Ende sagt „Riskier es. Wenn’s schief geht, kriegen wir das trotzdem hin. Ich hab ja auch noch nen Job.“
Das Sich-nur-um-sich-selbst-kümmern-müssen, das für euch so erstrebenswert klingt, hat eben auch seine Schattenseiten. Und grade deswegen erlaube ich mir, die guten Seiten davon zu genießen. Dafür werde ich mich nicht entschuldigen. Und im Übrigen: Ihr hättet euch ja auch für dieses angeblich so sorgenfreie Leben und gegen eine Familie entscheiden können. Ich glaube aber ehrlich gesagt nicht, dass ihr das ernsthaft rückgängig machen wollt.
Vielleicht sollte man einfach mehr schätzen, was man hat. Das ist etwas, das ich lange Zeit nicht konnte. Und nicht immer über den Zaun nach den Kirschen in Nachbars Garten schielen. Zuviel davon bedeutet am Ende nämlich fast immer Bauchschmerzen.
Habt ihr auch Lieblingssätze, die ihr als Singles einfach nicht mehr hören wollt? Und wie reagiert ihr darauf? Schlagfertig? Augenrollend? Gar nicht? Ich bin gespannt auf eure Kommentare, hier oder auf Facebook, Instagram und Twitter.
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