Gutes Marketing ist die halbe Miete

Das bin ich tatsächlich. Und seit ich seit einigen Jahren auf Instagram unterwegs bin, noch viel mehr. Die Art des Marketings hat sich sehr verändert, seit Social Media Kanäle dazu benutzt werden, vor allem die Jüngeren unter uns zu erreichen. Für mich als Marketing Manager ein faszinierendes Phänomen.

Ich habe mal gelernt, dass Fernsehwerbung vor allem darauf abzielt, dass Kinder davon angesprochen werden und ihre Eltern dahingehend beeinflussen sollen, Dinge zu kaufen, die sie dort gesehen haben. Egal, ob es sich dabei um ein Produkt für Erwachsene handelt oder um eines, das sie selbst gerne haben möchten. Erschreckend und psychologisch interessant zugleich.

Eine Freundin aus der Schule, die so ein gutes Abitur hatte, dass sie sich quasi aussuchen konnte, welche Universität sie mit Kusshand nehmen würde, hat den angedachten Weg über BWL ins Marketing dann letztendlich nicht eingeschlagen, weil sie es fragwürdig fand, dass selbst Supermärkte anhand psychologischer Logik aufgebaut sind.

Sie ist heute Ärztin. Auch ein schöner Beruf. In dem man tatsächlich Leben rettet. Aber daran denke ich auch heute manchmal noch zurück. Grade bei meiner Arbeit. Weil Marketing doch nichts weiter ist, als Menschen zu manipulieren. Oder?

So ein Besuch im Supermarkt ist doch die reinste Volksverarschung. Aber mal was anderes: Wann sind wir denn endlich bei der Quengelware an der Kasse??

Aber mal ehrlich. Wer kennt das nicht? Man kommt am Wochenende nachts nach Hause. Hat vielleicht noch nen Rest vom Lillet Wild Berry im Schädel hängen. Und weil die Wohnung so ekelhaft still ist, macht man halt noch kurz den Fernseher an, während man schwankend versucht, sich die High Heels vom Fuß zu operieren. Und aus der Glotze dröhnt ein ohrenbetäubendes Geräusch, begleitet von schnellen, bunten Bildern, die über den Bildschirm flackern. Ein Maschinengewehr? Hab ich jetzt wieder die xte Doku aus dem Zweiten Weltkrieg erwischt oder was?

Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich, etwas zu erkennen. Meine Ohren sortieren die Geräusche mühsam auseinander. Bis ich feststelle, dass ich mich auf einen Shoppingkanal verirrt habe, auf dem sich gerade ein übermotivierter Hobbykoch und eine seltsam gestylte Hausfrau fast dabei überschlagen, mir den Nicer Dicer näher zu bringen. Dieses Ding, mit dem man nahezu alles kleinschneiden kann. Mit Sicherheit auch Schuhsohlen.

„Mit diesem Gerät stehen sie nur noch halb so lange in der Küche!“

Als ich die Bilder halbwegs in meinem Kopf sortiert habe, ist mein erster Gedanke: „Was für ein Müll. Ich koch doch viel zu selten so viel für mich allein. Steht dann sowieso nur rum. Und bis das Ding wieder sauber ist… Ne danke.“ Doch je länger ich an der Dauerwerbesendung hängenbleibe, desto mehr beschleicht mich der Gedanke, dass das vielleicht doch keine so dumme Idee wäre.

Gemüse schneiden nervt mich ja sowieso, und wenn das so einfach geht, dann mach ich das vielleicht noch öfter. Und dann esse ich jeden Tag mehr Gemüse. Dann bin ich nie mehr krank und mein Leben wird ganz toll, weil ich so viele Vitamine zu mir nehme. Ich bin nie wieder traurig und habe den Erfolg meines Lebens.

Und erst als ich – mit dem Smartphone in der Hand – kurz davor bin, die Bestellhotline anzurufen, weil ich überzeugt bin, mit dem Nicer Dicer die Weltherrschaft an mich reißen zu können und mich außerdem aggressiv aus der rechten, oberen Bildschirmecke ein rotes „NUR NOCH 10 EXEMPLARE IM SPARPAKET INKL. 5 AUFSÄTZEN,  3 FRISCHHALTEBOXEN UND EINEM HUNDEWELPEN“ anblinkt, meldet sich mein Schwabenradar: Man spart am meisten, wenn man nichts kauft. Und mal ehrlich: ich brauch das Ding einfach nicht.

Ja. Stimmt. Ich stelle allerdings fest, dass mich meistens Dinge triggern, die mein Leben angeblich leichter machen sollen. Ich kann gar nicht zählen, wie viele Screenshots ich schon bei Instagram von überteuerten High Heels Polstern, Haarglättföhnstylern, sich farblich anpassendem Make-Up, weiße-Sneakers-wieder-sauber-und-wie-neu-Machern und invisible-bombenfest-Klebe-BHs gemacht habe. Lustig ist: Die sind einfach IMMER um 50% reduziert und der Countdown, der das Angebot angeblich in 2 Tagen, 4 Stunden und 28 Minuten auslaufen lässt, ist an Tag 5 immer noch da.

Genau wie die Beschreibung in miserablem Deutsch, das mich den China-Chemikaliengeruch schon durch den Bildschirm erahnen lässt. Wenn die Screenshots ein paar Tage in meinem Telefonspeicher gewohnt haben, stelle ich fest, dass ich die Sachen doch nicht so dringend benötige, wie ich auf den ersten Blick gedacht hatte. Ach. Surprise.

Auf gute Werbung darf man reinfallen.

Diese Gedankengänge mögen überraschen, da ich ja selbst aus dem Marketing komme und diese Strategien durchschauen sollte. Tu ich auch. Aber ich finde: Wer gutes Marketing macht, sollte dafür auch belohnt werden. Denn das ist verdammt schwer geworden. Und damit meine ich natürlich nicht diese Instagram-Bauernfängerei. Vielmehr ist es ein Zusammenspiel aus einem guten, bewährten oder einzigartigen Produkt und guter, manchmal auch provokanter und mutiger Werbung. Und – ja ich geb’s zu – in meinem Fall oft auch einem rein emotionalen Mehrwert.

Dieses Marketing macht mich happy. Warum, kann ich eigentlich auch nicht so genau erklären.

Beispiel: Coca Cola Dosen oder Flaschen mit den Vornamen von Nationalspielern vor und während der Fußball-WM. Oder für die Nicht-Fußballer mit dem eigenen Namen oder dem vom aktuellen Objekt der Begierde. Brauche ich dringend. Weil es irgendwie persönlich ist und Spaß macht. Kein Sinn dahinter, aber es spricht die Leute emotional an. Und das mag ich. Keine Werbung bleibt so lange im Gedächtnis wie eine, die mit Emotionen verbunden ist. Oder in der ein Schwabe auch über die Landesgrenzen hinaus gefühlt 370 Mal „SEIIIITENBACHER“ sagt. Aber das ist eine andere Geschichte.

In letzter Zeit überzeugt mich Werbung von nachhaltigen Produkten, die trotzdem nicht öko-langweilig sind, sprich ein gutes Design haben, und bei denen ich auf nichts oder nur sehr wenig verzichten muss. Denn ich glaube, das ist der Schlüssel dazu, dass die Menschen großflächig umdenken. Nicht unbequem und nicht wesentlich teurer als die Dinge, die für die Umwelt viel schlechter sind. Und ich bin mir sicher, dass genau dieser Werbung und den dahinterstehenden Machern die Zukunft gehört. Zurecht. Wenn Coca Cola die personalisierten Versionen ab sofort nur noch auf Glasflaschen druckt, bin ich noch mehr dabei.

Bis dahin lasse ich mich weiterhin von gutem Marketing überzeugen, zappe seufzend weiter, wenn der Nicer Dicer im Fernsehen angepriesen wird. Und probiere vielleicht doch mal den Sneakers-Weißmacher aus, der seit Monaten außerhalb meiner Sichtweite in einer Kiste liegt. Ok ja, schuldig im Sinne der Anklage. I’m sorry.

Darf ich vorstellen: Meine allerallerliebste Werbeanzeige ever. Provokant und spielt mit den eigenen Klischees. Ein absolutes Meisterstück. Ob sie allerdings jemals geschaltet wurde, weiß ich leider bis heute nicht.

Fallt Ihr auch (gerne) auf Werbung rein? Falls ja: auf welche und warum? Oder habt Ihr das alles total durchschaut und seid komplett immun dagegen?

Lasst es uns wissen, in den Kommentaren oder auf Facebook, Instagram und Twitter.

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