In unserer Teenie-Zeit beginnen wir damit uns einen Freundeskreis aufzubauen. Schule, Fußball, Freizeit, Chor – die Liste der Begegnungsstätten ist endlos und so mancher Teenie misst seinen Beliebtheitsgrad gerne an der Größe des Freundeskreises. Je älter wir werden, desto mehr verändern sich die Menschen, mit denen wir uns umgeben – und wir uns mit ihnen. Viele Freunde verlieren wir unterwegs, weil sich die Interessen und Lebensumstände verändern oder neue Freunde hinzukommen, die die alten plötzlich ersetzen. Auf einmal habe ich keine Zeit mehr mit Sabine einen Kaffee zu trinken, weil die Gespräche mit Claudia gerade irgendwie spannender sind. Und nach der dritten Absage findet Sabine ihre neue Freundin Saskia dann irgendwie auch spannender als mich. Verständlicherweise.

Wie viele Freunde brauchen wir wirklich in unserem Leben? Reicht es nicht, die „eine beste Freundin“ zu haben, mit der man seine Gedanken teilt? Und dann ist da ja auch noch der Partner, dem man sein Seelenleben offenlegen kann. Singlefrauen dürften dann natürlich eine gute Freundin mehr haben, denn sie müssen ja vorrübergehend auf den Partner verzichten…
Dass die Rechnung so nicht aufgeht, liegt klar auf der Hand. Aber ich frage mich, wie viele soziale Kontakte brauche ich in meinem Leben, um glücklich zu sein? Wieviele Freunde braucht man im Leben?
Wie viele Freunde bracht man in seinem Leben?
Ich habe sie, diese beste Freundin, ich habe auch einen Partner, dann einige weitere Freundinnen, mit denen ich mich regelmäßig treffe. Ich pflege soziale Kontakte im Kindergarten, Schule, in einer Babygruppe, habe noch Kontakt zu Freunden aus der Schulzeit und natürlich Arbeitskollegen. Die Familie mit Oma, Opa, Tanten, Onkeln, Schwester, Nichten und Neffen nicht zu vergessen. Dazu kommen viele lose Kontakte. Der Plausch mit dem Nachbarn über den Gartenzaun oder in der Schlange beim Brötchenholen. Mal ein Schwätzchen hier, mal ein Käffchen dort. In die Tiefe gehen diese Gespräche meist nicht, müssen sie auch nicht. Oder?
Manchmal denke ich, ich bin „sozial ausgelastet“. Ich brauche keine neuen Freunde, denn ich habe manchmal kaum Zeit den Kontakt zu den Menschen zu pflegen, die mir wichtig sind. Sich immer mit neuen Leuten anzufreunden ist irgendwie, als würde man Perlen auf einer Schnur auffädeln, an deren Ende man den Knoten vergessen hat. Und je mehr Perlen ich vorne aufstecke, desto mehr fallen hinten wieder herunter.

Wäre es nicht besser, den Leuten, die einem wirklich etwas bedeuten mehr Zeit zu schenken und sich den ganzen Smalltalk zu sparen? „Schönes Wetter heute!“, „Heute Morgen war ja wieder so viel Stau auf der Straße“. Bedeutungsleere Floskeln, die wir oft aus Verlegenheit oder mangels echten Interesses am Gegenüber einfach daher plappern.
Aber vielleicht bin ich ungerecht. Vielleicht weiß mein Gegenüber einfach nicht, was mich wirklich interessiert, weil wir uns noch nie ernsthaft unterhalten haben. Es könnte ja auch sein, dass ich etwas über mein Gegenüber erfahre, dass mich brennend interessiert. Etwas, was ich der Person vielleicht überhaupt nicht zugetraut hätte und es erst erfahren habe, als ich mich mit ihr unterhalten, eventuell sogar angefreundet habe. Und hier drehe ich mich nun im Kreis. Wieder eine neue Perle auf der Schnur.
Weniger ist manchmal mehr und besser
Für mich steht fest, dass es sich nicht an der Anzahl unserer sozialen Kontakte festmachen lässt, ob wir uns gut fühlen, sondern vielmehr an der Intensität und Aufrichtigkeit der Gespräche. Wenn wir aber nie neue Menschen in unser Leben lassen, können wir auch nicht wissen, ob nicht vielleicht aus einem Smalltalk an der Bushaltestelle eine tiefe Freundschaft entstehen könnte. Es ist wie alles im Leben, ein Ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Offen für Neues sein, aber auch den Mut haben, eine Verbindung abzubrechen, wenn sie uns nur noch belastet. Bei manchen Menschen stellt sich der Kontakt recht schnell als Trial and Error heraus, bei manchem braucht man Jahre um zu erkennen, dass sie einem nicht gut tun und wieder andere nimmt man sein ganzes Leben mit.
In diesem Sinne, jetzt rufe ich erst mal meine beste Freundin an…
—————————————————————————————————————————————–
Nachtrag zum Artikel „Keine neuen Freunde“.
Zufälligerweise habe ich gerade im Radio von Forschungsergebnissen eines Herrn Robin Dunbar gehört. Einer (bereits vor einigen Jahren veröffentlichten) Studie des britischen Psychologen Robin Dunbar zufolge, ist unser Gehirn auf 150 soziale Beziehungen ausgelegt ist. Man spricht hierbei von der Dunbar-Zahl.
Unter der Dunbar-Zahl (englisch Dunbar’s number) versteht man die theoretische „kognitive Grenze“ der Anzahl an Menschen, mit denen eine Einzelperson soziale Beziehungen unterhalten kann. […] Die Dunbar-Zahl beschreibt die Anzahl der Personen, von denen jemand die Namen und die wesentlichen Beziehungen untereinander kennen kann. Dunbar sieht die Anzahl als Eigenschaft bzw. Funktion des Neocortex. Im Allgemeinen betrage die Dunbar-Zahl 150, wobei die Anzahl der Freunde individuell zwischen 100 und 250 schwanken könne. Ob sie auch für sogenannte virtuelle soziale Netzwerke gilt, ist Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Erste Studien dazu bestätigen die Gültigkeit auch für diesen Bereich. (Quelle: Wikipedia)
Wie denkt ihr darüber? Fühlt ihr euch auch manchmal „sozial ausgelastet“ oder lernt ihr gerne viele neue Leute kennen? Schreibt uns in die Kommentare oder auf Facebook und Instagram.
Weitere interessante Beiträge zum Thema MOM findest du hier